Verstehen und Verstanden werden, darum ging es Dr. med. Doris Schneider in ihrem Seminar in Aarau. Engagiert zeigte sie auf, wie klare Kommunikation möglich wird, ohne dass wir kämpfen müssen. Die Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall Rosenberg ist eine Sprache, die Klarheit schafft und verbindet statt trennt. Ein Konzept, das in persönlichen Begegnungen, beruflichen Herausforderungen und gar in politischen Konflikten Lösungen ohne Verlierer möglich macht.
Von Natur aus kommunizieren wir als «Wolf» – Metapher für eine urteilende, verletzende Sprache. Damit der Wolf seine Position als Leitwolf behalten kann, darf er keine Schwäche zeigen. Er muss seine Position verteidigen. Der Stärkste und Lauteste erhält am meisten. So muss der Wolf alles im Griff haben. Er beschuldigt, kritisiert, manipuliert und fordert. Und löst damit Schuld, Scham und Angst aus. Es ist wohl nachvollziehbar, dass diese Sprache nicht unbedingt zu einem konstruktiven Miteinander beiträgt.
Viel hilfreicher ist daneben die «Giraffen»-Sprache, eine verbindende, wertschätzende Sprache. Sie kennt keinen Futterneid, hat ein grosses Herz, hat die Übersicht und kann gut für sich sorgen und sich durchaus auch verteidigen. Diese Herzenssprache achtet auf Gefühle und Bedürfnisse bei sich selber und beim Gegenüber und übernimmt Verantwortung für den eigenen Teil. Sie beharrt nicht auf ihrem Recht wie der Wolf, sondern will verstehen.
Bereits in der Bibel wird klar: Wenn wir Recht und Gerechtigkeit um jeden Preis durchsetzen, wird es verletzend und zerstörerisch. Nur Gott kann gerecht über Richtig und Falsch entscheiden, weil nur er alle Details kennt. So zeigte die Referentin auf, wie der Ansatz der Gewaltfreien Kommunikation sich mit dem christlichen Glauben verbinden lässt. Ohne soweit zu gehen, dass alles nur noch relativ ist und es kein Richtig und Falsch mehr gibt.
Die vier Schritte der Gewaltfreien Kommunikation sind auf den ersten Blick einfach und doch erlebten die Kursteilnehmenden, wie es gar nicht so einfach ist zu kommunizieren, was wir fühlen und brauchen. Doch mit etwas Übung und dem Bewusstsein, was die eigenen Hauptbedürfnisse sind, wird es Stück für Stück leichter. Wenn ich meine Bedürfnisse kenne, kann ich sie auf eine gute Art kommunizieren. Dabei sind Bedürfnisse nicht mit Wünschen zu verwechseln. Es wäre eine egoistische Haltung zu erwarten, dass alle meine Wünsche erfüllt werden. Bedürfnisse sind nicht Wünsche, sondern sie sind einfach. Sie haben ihre Berechtigung. Die grosse Frage ist dann, was mache ich damit und wie werden diese «Bedürfnis-Vorratsfässer» gefüllt. Dafür bin ich in erster Linie selber verantwortlich.
Schritt 1: Beobachtung – Was ist geschehen?
Schritt 2: Gefühl – Was löst dies in mir aus?
Schritt 3: Bedürfnis – Was brauche ich? Was ist mir wichtig?
Schritt 4: Bitte – Könntest du bitte…? Bist du bereit zu…?
Lernen wir dieses Schema bei uns selber anzuwenden und auch auf das Gegenüber zu beziehen, können ganz neue Sichtweisen auf einen Konflikt entstehen. Rosenberg sagte, dass ein Konflikt in 30 Minuten gelöst sei, wenn beidseitig das Bedürfnis klar ist. Doch der Weg dahin, die Bedürfnisse zu erkennen, ist oft ein weiter. Doch es lohnt sich, diesen Weg zu beschreiten, denn es ist der Weg zum gegenseitigen Verstehen, zum wertschätzenden Miteinander und zu einer konstruktiven Lösung von Konflikten.
Ursula Blatti